Vorwort zum Material 3+1 D-Puzzle  
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Einführung

Die Sprache erfüllt in der Gesellschaft vielfältige Funktionen: sie ist Mittel der Kommunikation, Mittel der Erkenntnisgewinnung, Mittel sprachlichen Handelns, Ausdruck der eigenen Identität, außerdem hat sie eine poetische und eine sakrale Funktion. Die Praxis des Fremdsprachenunterrichts berücksichtigt vor allem die erste und die dritte Funktion, und vermittelt sie vor allem als Mittel der Kommunikation und des sprachlichen Handelns. Die Tatsache, dass man mit Hilfe der Sprache neue Inhalte kennen lernen, neue Erkenntnisse gewinnen kann, wird viel weniger beachtet, ebenso wird die Sprache als Ausdruck der Identität kaum thematisiert.

Der Fremdsprachenunterricht sollte aber im 21. Jahrhundert, wo die internationale Mobilität ein unvorstellbares Ausmaß erreicht hat, wo interkulturelle Kommunikation und Entwicklung Hand in Hand gehen, wesentlich mehr bedeuten als die Vermittlung von einem fremden sprachlichen Codesystem. Fremdsprachenunterricht hat die Aufgabe, den Lerner nicht nur zum Gebrauch des fremden Codesystems zu befähigen, sondern auch dazu, die kulturelle Identität der Bevölkerung der Zielkultur wahrzunehmen, diese fremde Kultur zu verstehen, die fremden Menschen zu akzeptieren und durch das Verstehen des Fremden und der Fremdheit die eigene Identität bewusst zu erleben.
Wie kann aber die fremde Identität im FSU nahe gebracht bzw. die eigene sprachlich dargestellt werden? Dabei ist vor allem wichtig, dass im Laufe des Unterrichts immer wieder klargestellt wird, wer mit wem, mit welcher Absicht, unter welchen Bedingungen und worüber kommuniziert. Der soziolinguistische Kontext, die Darstellung unterschiedlicher sozialer Rollen in verschiedenen Situationen sollte also mehr zur Geltung kommen.
(Vgl. Petneki 1999)

 Wenn man im Internet das Wort Landeskunde in eine Suchmaschine eingibt, findet man über zwei Millionen Einträge nur in deutscher Sprache! Wenn man sich da etwas umschaut, findet man ganz unterschiedliche Seiten, sowohl, was die Gestaltung, als auch, was die Inhalte betrifft.

 Hier wird also versucht zu klären, was Landeskunde für den Fremdsprachenunterricht bedeuten kann. Jeder, der eine Fremdsprache – in unserem Fall Deutsch – lernt, hat schon eine bestimmte Vorstellung über das Land und über die Menschen, die diese Sprache sprechen. Diese Vorstellung ist aber bei jedem sicherlich mehr oder weniger unterschiedlich, je nach dem, was für Erfahrungen, Erlebnisse man mit sich bringt. Es kann also nicht darum gehen, ein einheitliches Bild über die deutschsprachigen Länder zu geben – so etwas existiert ja gar nicht –, es geht vielmehr darum, das eigene Bild mit anderen zu vergleichen und zu relativieren. Der erste Schritt ist also, sich Gedanken über den Begriff Landeskunde zu machen.

 1)      Was ist Landeskunde?

 Hier folgen Beispiele aus möglichen Definitionen:

 „Landeskunde meint alle Bezüge auf die Gesellschaften, deren Sprache im Fremdsprachenunterricht gelernt wird. Solche soziokulturellen Bezüge treten im fremdsprachlichen Curriculum immer dann auf, wenn den Lernenden die Sprache in ihrem ursprünglichen Verwendungszusammenhang vorgestellt wird.“ Dabei „geht es aber weniger um einen Raum oder eine Region (‚Land’) als um eine sprachlich artikulierte kulturelle Praxis. Es geht auch weniger um einen abgrenzbaren Wissensbestand (‚Kunde’), als vielmehr um eine sprachlich vermittelte interkulturelle Kompetenz“
(Buttjes 1989).

In den ABCD-Thesen wird Landeskunde wie folgt definiert:

 „Landeskunde im Fremdsprachenunterricht ist ein Prinzip, das sich durch die Kombination von Sprachvermittlung und kultureller Information konkretisiert und durch besondere Aktivitäten über den Deutschunterricht hinaus wirken soll, z.B. durch Austausch und Begegnung. Insofern ist Landeskunde kein eigenes Fach.
Landeskunde ist nicht auf Staaten- und Institutionenkunde zu reduzieren, sondern bezieht sich exemplarisch und kontrastiv auf den deutschsprachigen Raum mit seinen nicht nur nationalen, sondern auch regionalen und grenzübergreifenden Phänomenen. Ein solches Verständnis von Landeskunde widerspiegelt das Konzept des sich herausbildenden‚ Europa der Regionen’.“
http://www.dachl.net/nachlesen/abcdthesen1.html (27-03-2006)

 Auf einer Homepage für Lehrer kann man Folgendes über die Landeskunde lesen:

 Länder kennen lernen
Der Begriff Landeskunde erschien Ende der 70er Jahre in der fachdidaktischen Diskussion. Eine Sprache ließe sich nicht getrennt von der Lebensrealität im jeweiligen Zielsprachenland lernen und unterrichten, so lautete die Auffassung. Daraufhin hielten geografische Informationen über Städte, Regionen oder Zentren in die Lehrbücher Einzug. Später kamen dann mehr und mehr Fotos, Skizzen und Texte hinzu. Die Präsentation dieser landeskundlichen Informationen war und ist jedoch vor allem touristisch, und beschränkt die dargestellte Kultur in erster Linie auf das europäische Land der Zielsprache (etwa Frankreich oder Spanien).

Phänomene vergleichen
In der Folge wurden Forderungen laut, Landeskunde nicht auf Staaten- und Institutionenkunde zu reduzieren, sondern sie exemplarisch und kontrastiv auf die Regionen, in denen die Zielsprache gesprochen wird, mit ihren nicht nur nationalen, sondern auch regionalen und grenzübergreifenden Phänomenen auszuweiten.

(http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=369624.htm )

 2) Warum ist es schwer, die Landeskunde zu definieren?

 Bei Ulrich Zeuner kann man darüber lesen, warum es schwierig ist, eine eindeutige Definition zur Landeskunde zu geben:

Der Gegenstand von Landeskunde – ob man ihn als Kultur im weitesten Sinne oder als die geographischen, ökonomischen und politischen Verhältnisse eines Landes sieht – verändert sich ständig mit jeder gesellschaftlichen Entwicklung. Nahezu nichts in einer Gesellschaft bleibt längere Zeit konstant, wie z.B. grammatische oder auch lexikalische Bestandteile einer Sprache.

Das „Bild“ von Deutschland, das die Lernenden und auch die Lehrenden im Kopf haben, ist keineswegs einheitlich, sondern höchst differenziert und unterschiedlich. Die Bilder von Deutschland sind geprägt vom Wissen oder Vorwissen über das Land (bei den Lernenden häufig vermittelt durch Medien), von Erfahrungen mit dem Land und von Urteilen bzw. Vorurteilen über das Land. Auch das Lernmaterial (Lehrbücher und authentische Materialien aller Art) ist in keiner Weise „objektiv“ oder „wahr“, sondern je nach Autorenschaft von unterschiedlichsten Interessen und Auswahlkriterien geprägt.

Landeskunde hat immer auch eine ideologische Komponente: „Landeskundliches Wissen ist gesellschaftliches Wissen. Es ist darum interpretierbar, abhängig von den Interessen der Informationsquellen ..., seine Vermittlung ist per se nie abgeschlossen“ (Pauldrach, 1992, S.9-10). Aus dieser Tatsache folgt z.B. auch, dass für alle landeskundlichen Gegenstände ein Unterrichtsverfahren angemessen ist, das möglichst viele – auch gegensätzliche – Aspekte eines Sachverhaltes zur Sprache bringt.
(Zeuner 2001, 5)

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