Vorwort zum Material 3+1 D-Puzzle  
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5) Was ist interkulturelles Lernen?

Im Folgenden werden wieder einige Definitionen zu diesem Begriff angegeben:

Interkulturelles Lernen ist ein situativer Lernprozess zwischen Personen aus verschiedenen Kulturen. Voraussetzung interkulturellen Lernens ist ... ein interkultureller Kommunikationsprozess, in dessen Rahmen Sprecher/Hörer aus C1/C21 miteinander in Beziehung treten und in dessen Rahmen sie in der Regel eine Reihe von wie immer gearteten Fremderfahrungen machen. Die Fremderfahrungen umfassen

  • den Umgang mit fremdem Handeln, Wissen und kommunikativem Verhalten (basierend auf fremdkulturellen Kulturstandards) allgemein,

  • die Erschließung entsprechender fremder Bedeutungen,

  • die Reflexion der Wirkung fremder Bedeutungen auf die eigene Handlungsorientierung und

  • die Reflexion der möglichen Wirkung des eigenen als fremdem Verhalten auf den/die Gegenüber und sind integraler Bestandteil interkulturellen Lernens.“

(Müller-Jaquier 1994)

Interkulturelles Lernen
Die eigene Kultur reflektieren
Mit dem interkulturellen Ansatz wird die Perspektive erweitert. Der Prozess des interkulturellen Lernens bezieht sich nicht nur auf andere Kulturen, sondern insbesondere auch auf die eigene Kultur. Dabei geht es um die Klärung der eigenen Identität, um die Frage der Zugehörigkeit und um die Klärung der eigenen Orientierung (Wo komme ich her? Wo will ich hin?).

Toleranz entwickeln
In einem zweiten Schritt wird Toleranz und Respekt gegenüber anderen Kulturen und Religionen entwickelt. Notwendig ist das Bemühen, die Geschichte, Entwicklung und Notwendigkeiten der jeweiligen Kultur und Religion zu verstehen und zu akzeptieren, auch und gerade dann, wenn deren Formen den eigenen Gewohnheiten, vielleicht sogar den Selbstverständlichkeiten der eigenen Kultur entgegenstehen. Ziel ist es, die jeweils anderen Kulturen als gleichwertig zu akzeptieren.

http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=369624.htm

Eine andere Quelle fasst interkulturelles Lernen folgendermaßen zusammen:

INTERKULTURELLES LERNEN

ist

  • differenzierte Selbstwahrnehmung: „Ich“ als Produkt meiner Sozialisation und Kultur,

  • Fähigkeit zur Klärung eigener Werte und Überlegungen,

  • realistische Selbsteinschätzung (Deckung von „Eigenbild“ und „Fremdbild“),

  • Verhaltensdisponibilität2 breites Rollenrepertoire,

  • metakulturelle Prozesskompetenz: Aushandeln von Spielregeln,

  • Vermeidung von vorschnellen Attributionen,

  • Empathiefähigkeit,

  • Vermeidung von Eurozentrismus,

  • Ambiguitätstoleranz3

(Beneke 1994)

Für das interkulturelle Lernen müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, mit denen es erfolgreich verwirklicht werden kann.

„Interkulturelles Lernen ist dann erfolgreich, wenn es zu einem interkulturellen Verstehen führt, das einerseits die Kenntnisse über fremde Kulturstandards und ihre handlungssteuernden Wirkungen umfaßt und andererseits in der Fähigkeit zum Wahrnehmen, Denken, Urteilen und Empfinden im Kontext des fremdkulturellen Orientierungssystems besteht.“ 
(Thomas 1993, S.383).

 Daher hat die kommunikative Kompetenz in interkulturellen Situationen die folgenden Merkmale:

  • Einsicht in die Abhängigkeit menschlichen Denkens, Handelns und Verhaltens von kulturspezifischen Mustern. Aufberechen der Selbstverständlichkeit der eigenen Kultur.

  • Fähigkeit und Bereitschaft zur Übernahme fremdkultureller Perspektiven.

  • Kenntnis von Dimensionen, innerhalb derer sich Kulturen unterscheiden können.

  • Kenntnisse und Fähigkeiten, unterschiedliche kommunikative Stile in der Interaktion zu identifizieren.

  • Fähigkeit zur Erklärung von Phänomenen kommunikativen Handelns und Verhaltens durch tieferliegende kulturelle Faktoren.

  • Einsicht in die Grundprinzipien der interpersonalen Kommunikation, insbesondere in die Mechanismen der Unsicherheitsreduktion, der Attribution und der Stereotypenbildung.

  • Beherrschung von Strategien der Kommunikation mit beschränkten sprachlichen Mitteln.

  • Beherrschung von Strategien zur Identifikation und Analyse sowie zur Vermeidung und Klärung von Missverständnissen in der Kommunikation auf der Basis von Kenntnissen über Kulturunterschiede.

 Das bedeutet, in der Landeskunde sollte es in erster Linie nicht um faktisches Wissen gehen, sondern um die Verständigung zwischen den Kulturen. Das sollte auch für die Landeskunde des deutschsprachigen Raumes gültig sein. Lange Zeit hat nämlich aus landeskundlicher Sicht Deutschland den Deutschunterricht bestimmt.

„Eines der Defizite, das viele Lehrende lange Zeit (vor 1988) an Landeskundematerialien bemängelten, war die fast ausschließliche Ausrichtung auf die Bundesrepublik Deutschland bzw. auf die DDR. Die beiden kleineren Länder Schweiz und Österreich kamen in den landeskundlichen Materialien kaum oder nur klischeehaft verzerrt vor.
Um nach Lösungen für diese Mängel zu suchen, trafen sich 1988 Vertreter aus den damaligen deutschsprachigen Staaten: Österreich (A), die Bundesrepublik Deutschland (B), die Schweiz (CH) und die DDR (D) bildeten eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Themenkomplex Landeskunde der deutschsprachigen Staaten beschäftigte. Es wurden Thesen zur Rolle der Landeskundeunterrichts ausgearbeitet, die 1990 veröffentlicht wurden.”

Das sind die ABCD-Thesen.
(
Biechele/Padrós 2003, S.103.)

 Ein paar Jahre später hat man das Konzept im sog. D-A-CH-(L)-Konzept (D = das wiedervereinigte Deutschland, A = Österreich, CH = die Schweiz, L = Fürstentum Liechtenstein) weiterentwickelt:
Das D-A-CH-Konzept verdeutlicht (…) die Problematik einer rein informationsbezogenen Landeskunde, in der sich durch den Bezug auf alle deutschsprachigen Länder der Lehrstoff verdreifachen müsste, was ja undenkbar ist. Aber:

„Ausgangspunkte landeskundlichen Lernens im D-A-CH-Konzept sind die Lernenden selbst. An die Stelle des Lehrgegenstandes tritt die Strategie, das eigene (Lern-)Interesse überhaupt erst einmal zu entdecken und sodann weiter zu verfolgen. Die Aufgabe der Lehrenden besteht darin, die Singularität der Eigeninteressen in einen Zusammenhang zu stellen, aus dem sich weitere Themen, ein ‘Themennetz’ entwickeln lassen“ (Hackl, Langner, Simon-Pelanda 1998, 9). Dieses Selbstentdecken und Verfolgen eigener Lerninteressen benötigt handlungsorientierte Methoden.
(Zeuner, S.33)

6) Welche Konsequenzen hat das für den Landeskundeunterricht?

 Landeskunde sollte also im Deutschunterricht mit Hilfe von einzelnen Themen – je nach Interesse der konkreten Lernergruppe – gestaltet werden, indem das Thema unter verschiedenen Aspekten betrachtet wird, die Beobachtungen diskutiert und miteinander verglichen werden. Das ist der Weg, der zum Aufbau einer interkulturellen Kompetenz führt.
Diese Kompetenz bedeutet nach Beneke (1994),
Interkulturelle Kompetenz besitzt derjenige, der in der Lage ist, in einem fremdkulturellen Kontext souverän zu agieren, d. h. erfolgreich seine Interessen und Ziele zu verfolgen. Sie setzt interkulturelle Sensibilität voraus, im Sinne von Lernfähigkeit und Offenheit in interkulturellen Situationen.
Deshalb existiert kein Lehrbuch (und auch kein Lehrer) für Landeskunde, das (bzw. der) alle notwendigen Kenntnisse vermitteln könnte. Die Beschäftigung mit Landeskunde sollte puzzle-artige Wege zeigen, wie man Verstehen und Verständigung im Fremdsprachenunterricht motivierend und effektiv voranbringen kann.

In diesem Sinne finden Sie in diesem Material einige ausgewählte Themen, die unter verschiedenen Zugängen bearbeitet werden können. Das Ziel dabei war, die Benutzer des Materials dazu zu bewegen und zu ermuntern, sich mit verschiedenen Themen auseinanderzusetzen, eigene Ideen zu entwickeln und sie zum besseren Verständnis des deutschsprachigen Raumes und Menschen sowie der eigenen Kultur hinzuführen.

1) C1=Kultur 1/C2=Kultur 2 oder Ausgangskultur und Zielkultur

2) Bestimmung

3) Zwei- oder Mehrdeutigkeit tolerieren

Quellenverzeichnis

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